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The Joy Of Missing Out - Die Freude daran, etwas zu verpassen

Inspiriert von einem Tweet von meinem lieben Bekannten Florian soll es heute um The Joy Of Missing Out gehen. Also um die Freude daran, etwas zu verpassen.



Manche von Euch kennen bestimmt den Begriff The Fear of Missing Out, oft genannt FOMO: die Angst, etwas zu verpassen.

Wir haben die Angst etwas zu verpassen, weil wir durch die sozialen Medien immer wissen, was gerade los ist. Befeuert wurde diese Angst und der Drang, ständig nachzuschauen, als die Story-Funktionen eingeführt wurden, bei denen nach 24 Stunden der geteilte Inhalt wieder verschwindet. Also checken wir andauernd unser Smartphone: Instagram, Facebook, Twitter, Snapchat, TikTok und natürlich unsere Lieblings-Nachrichten-App, um bloß nichts mehr zu verpassen. Es könnte ja etwas Wichtiges oder Spannendes sein.

Was ist also, wenn wir von unserem Smartphone getrennt sind? Weil wir beispielsweise gerade keinen Empfang haben oder weil das Smartphone kaputtgegangen ist (weil es beispielsweise beim Hinsetzen aus der Hosentasche in die Toilette gefallen ist)?

Wir haben ständig das Gefühl, dass wir eventuell gerade einen wichtigen Anruf oder eine wichtige Nachricht oder die nächste Schlagzeile verpassen. Wir sind nervös und hoffen, bald wieder erreichbar zu sein. Und wenn wir ehrlich sind, kennen wir alle dieses Gefühl – je nach Tagesform, beruflicher und familiärer Situation natürlich schwächer oder stärker ausgeprägt.

Aber, was ist mit The Joy Of Missing Out, der Freude daran, etwas zu verpassen?

Durch Florians oben genannten Tweet, der in meine 4 Wochen ohne Smartphone fiel, fiel mir erst so richtig auf, dass ich es gerade sehr genoss, kein Smartphone mehr zu haben. Manchmal braucht es einen Begriff, um ein Gefühl zu erkennen. Ich muss dazusagen, dass der Cut nicht allzu stark war, da ich schon in den zwei Wochen vorangegangenem Urlaub kaum am Handy war. Am letzten Urlaubstag ging es dann einfach nicht mehr an. Was ich im wahrsten Sinne des Wortes mit einem Achselzucken abtat, denn mein Gerät war schon sehr alt und sehr langsam – ich habe also schon gemerkt, dass es bald zu Ende gehen würde. So wie bei einer Zimmerpflanze, die man noch gießt, obwohl man weiß, dass sie eigentlich nicht mehr zu retten ist.

Ich sagte dann lediglich meinem engsten Kreis Bescheid, dass ich vorerst nur noch über Mail oder Facebook und Instagram erreichbar sein würde. Denn meinen Laptop hatte ich ja schließlich noch und auch ein Ersatz-Handy, auf dem ich nur Instagram installiert hatte, falls ich doch mal eine Nachricht verschicken musste.

Vier Wochen vergingen (zusätzlich zu den zwei Wochen Urlaub), in denen ich mir viel Zeit ließ, mir ein neues Smartphone zu besorgen. Sehr viel Zeit. Ich war schon im Urlaub auf den Geschmack gekommen, nicht ständig erreichbar zu sein und habe vor allem gemerkt: Man muss nicht immer erreichbar sein. Die Welt geht davon nicht unter, auch wenn man das manchmal denkt. Eigentlich ziemlich arrogant, wenn man so darüber nachdenkt.

Aber klar, wie immer muss man differenzieren: Ich habe keine Kinder, für die ich erreichbar sein muss und ich bin auch nicht die Präsidentin der Deutschen Bank.

Trotzdem bin ich mir sicher, dass jeder von uns in seinen Erreichbarkeitszeiten runterfahren kann. Vielleicht nicht so extrem wie ich in diesen sechs Wochen, aber doch hier und da mal ein bisschen.

Zum Beispiel:

  • Das Handy erst eine Stunde nach dem Aufwachen anschalten

  • Das Handy eine Stunde vor dem Schlafengehen ausschalten

  • Das Handy mal einen ganzen Tag lang auslassen, zB am Samstag

  • Das Handy immer in einem anderen Zimmer liegen haben, damit man nicht aus Langeweile/Gewohnheit danach greift, sondern nur, wenn man es wirklich braucht

  • Bei Apple kann man den sogenannten Nicht-Stören-Modus einschalten. Da kann man einstellen, dass man nur Anrufe von seinen eingespeicherten Favoriten, z.B. der Familie, bekommt. Alle anderen Anrufe und Nachrichten werden stummgeschaltet und werden nicht mal angezeigt. Man kann auch einstellen, dass, wenn man innerhalb von drei Minuten zwei Mal angerufen wird, der zweite Anruf nicht stummgeschalten wird, auch wenn der Anrufer nicht in den Favoriten ist. Weil das auf einen Notfall oder etwas sehr (also wirklich) Wichtiges hindeuten könnte. So oder so ähnlich geht es auch mit Android-Geräten, aber von dem Betriebssystem bekomme ich Kopfschmerzen, also schaut einfach mal selbst in euren Einstellungen nach. Eins meiner Hobbys ist übrigens diese Apple-Android-Debatte anzufeuern, merkt man das? (In Wahrheit finde ich diese Debatte aber eigentlich total lächerlich)

  • Ursprünglich habe ich das nur gemacht, weil ich auf meinem alten Smartphone Speicherplatz gebraucht habe, aber ich habe mir viele Apps gelöscht. Twitter, Facebook, LinkedIn. All diese Netzwerke checke ich einfach dann, wenn ich gerade am Laptop bin und nicht mehr am Smartphone. Das kann ich nur empfehlen. Oder, wer die Apps nicht gleich löschen möchte: Einfach die Notifications ausstellen.

Und ja, ich weiß, das sind keine Weltneuheuten-Wow-wie-krass-Tipps oder Raketenwissenschaftler-Ratschläge, die ich in diesen Punkten aufgezählt habe. Aber ich bin der Meinung, dass man manche Dinge einfach nochmal lesen oder hören muss, obwohl man sie schon weiß. Das ist dann wie eine kleine Erinnerung und wenn man gerade in der richtigen Verfassung ist, ist es vielleicht gerade jetzt der richtige Zeitpunkt etwas zu verändern. So wie wenn man ein Buch 2x liest und sich beim zweiten Mal Lesen völlig andere Textpassagen anstreicht, als beim ersten Mal.

Fazit von sechs Wochen Halb-Abstinenz

Nochmal zur Übersicht aus meiner eigenen Erfahrung: 2 Wochen war ich im Urlaub, in dem ich zwar mein Smartphone noch hatte, inklusive WhatsApp, aber kaum am Handy war, weil ich die Zeit so genoss. Am letzten Tag dieser zwei Wochen ging mein Handy dann kaputt, also einfach nicht mehr an.

Die 4 Wochen danach hatte ich ein Ersatzhandy, auf dem ich lediglich Instagram hatte, um im WLAN* Nachrichten verschicken zu können. *Da mein Vertrag zeitgleich zu dem Kaputtgehen des Handys ausgelaufen war, hatte ich auch keine Handynummer und mobile Daten mehr. Das heißt, auch Anrufe konnte ich nicht empfangen oder tätigen. Und Instagram-Nachrichten konnte ich nur im WLAN schreiben.


Also?

Man denkt immer, dass es ohne Smartphone nicht (mehr) geht. Weil man mit so vielen Menschen Kontakt hat, beruflich und privat und theoretisch immer was los ist. Aber das wirklich Wichtige bekommt man auch so mit. So wie in dem WhatsApp-Chat von meinen Kollegen und mir, in dem täglich viele Nachrichten hin und her geschickt wurden, die ich natürlich alle nicht mitbekommen habe, vier Wochen ohne WhatsApp, aber alles Wichtige wurde mir eben auf anderen Kanälen geschickt. Alle "unwichtigen" Nachrichten wurden somit schön rausgefiltert.


Ich werde nicht zurück zur Normalität gehen, obwohl ich jetzt wieder ein Smartphone habe, denn das ist meine neue Normalität. Ich bin nicht mehr immer erreichbar und mir geht es super damit.



(Beitragsbild von Lukas von Pexels.com)

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