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Verstörende Inhalte auf YouTube oder: Wenn Peppa Wutz plötzlich vom Bus überfahren wird

Aktualisiert: 29. Apr. 2020



Einleitung

In diesem Artikel möchte ich auf ein großes Problem von YouTube aufmerksam machen. Und weil viele junge Kinder auf YouTube Videos konsumieren, ist es wichtig, dass wir über dieses Thema reden. Es ist nämlich so, dass immer mehr Videos von harmlos scheinenden Inhalten kursieren, die aber voll böser Überraschungen stecken.

Kinder klicken sich auf YouTube durch Videos von den Lieblings-Superhelden wie Superman und Spiderman oder anderen Kinder-Figuren wie Peppa Wutz oder Elsa (aus dem Film „Die Eiskönigin“). Was anfangs wie ein ganz normales Video aussieht, entpuppt sich dann als verstörendes Video mit gewaltverherrlichendem oder gar perversem Inhalt. Für den Skandal, der 2017 peakte gibt es einen Namen: Elsa-Gate. Die Disney-Prinzessin leiht hier unfreiwillig und natürlich nicht lizenziert ihren Namen und ihr Gesicht. Und die Gesichter von Elsa-Gate sind allesamt hässlich.

Hier werden die Kinderserien-Stars vom Bus überfahren, trinken Bleichmittel oder tun sich gegenseitig schlimme Dinge an. Diese Dinge sind nicht nur gewalttätig, sondern auch pervers.


Übrigens:

Die KIM Studie 2018 vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (Für die KIM-Studie 2018 wurden 1.231 Kinder zwischen sechs und 13 Jahren und deren Haupterzieher in ganz Deutschland von Mai bis Juni 2018 befragt) lieferte folgende Ergebnisse: So geben 21 Prozent [aller Kinder] an, jeden/fast jeden Tag YouTube-Videos zu nutzen (2016: 17 %), 35 Prozent tun dies ein-/mehrmals pro Woche (2016: 33 %), weitere 19 Prozent (2016: 18 %) zumindest selten. Aktuell gibt genau ein Viertel der Internet-Nutzer an, nie bei YouTube kurze oder auch längere bzw. fernsehähnliche Inhalte zu nutzen – vor zwei Jahren lag dieser Anteil noch bei 32 Prozent. Bei den Sechs- bis Siebenjährigen schauen sich 39 Prozent der Internet-Nutzer mindestens einmal pro Woche Videos bei YouTube an, bei den Zwölf- bis 13-Jährigen sind es 64 Prozent.


Wie stößt man überhaupt auf solche Videos?

Leider muss man nicht in den Untiefen YouTubes verkehren, um auf Videos dieser Art zu stoßen. Die Macher dieser Videos verlinken die Clips nämlich mit all den Schlagworten, die Kinder (oder Eltern) eben auch wirklich im Suchfeld eingeben. Auch die Titel der Videos, sowie die Thumbnails (das sind die kleinen Miniaturbilder, die die Vorschau für ein Video anzeigen) sind so gestaltet, dass der Algorithmus sie „durchwinkt“. Und so kann es sein, dass das Kind eine oder zwei Folgen Peppa Wutz schaut und die dritte Folge dann verstörende Inhalte zeigt.

Warum tun Menschen so etwas?

Das ist eine gute Frage, da man im kranken Verhalten solche Videos zu produzieren eigentlich keine Gründe finden kann. Doch: Das gute, alte Geld. YouTube schaltet Werbung ab bestimmten Klickzahlen. Und da diese Videos komischerweise millionenfach geklickt werden, sehen manche Personen darin ein lukratives Geschäft. Insidern zufolge verdient man pro 1.000 Klicks etwa 1-2€. Das Wahnsinnige ist, dass diese Videos millionenfach geklickt werden. Vice berichtete, dass der YouTube-Kanal SuperheroesPictures (der mittlerweile gelöscht wurde), der solch verstörenden Videos hatte, Videos mit bis zu 60 Millionen Aufrufe hatte. Es lässt sich leicht ausrechnen, was man da verdienen kann.


Wie kann man sein Kind schützen?

Das klingt jetzt vielleicht erstmal lapidar, aber am besten wäre es, die Kinder (wenn sie noch jung sind und YouTube nicht für andere Zwecke nutzen wollen) die Lieblingsserie einfach auf DVD schauen zu lassen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man nicht das Risiko verstörender Videos eingeht, auch gibt es keine Werbung.


Wenn es doch YouTube sein muss, Gründe dafür gibt es schließlich genug, ist es wichtig, dass man in der Nähe des Kindes ist, um notfalls direkt einschreiten zu können, sobald man merkt, dass die Dialoge oder die Bilder komisch werden. Wenn man also mal in Ruhe arbeiten, kochen oder die Wäsche aufhängen und das Kind vor YouTube parken muss (hey, ich verurteile niemanden), dann würde ich trotzdem empfehlen, in Sicht- und Hörweite zu bleiben.

Es gäbe auch die Möglichkeit sich einen Account auf YouTube Kids anzulegen. Das ist übrigens kostenlos. Mit einem Profil dort kann man dann bestimmte Jugendschutzeinstellungen vornehmen.


Man kann:

  • ... individuelle Profile für bis zu acht Kinder erstellen. Für jedes der acht Profile kann man unterschiedliche Einstellungen und Inhalte einstellen. Praktisch, wenn es einen recht hohen Altersunterschied zwischen den Kindern gibt.

  • ... nur genehmigte Inhalte anzeigen lassen. So kann das Kind nicht selbst nach Videos suchen, sondern nur sehen, was die Eltern genehmigt haben. Das geht sogar relativ einfach mit der Liste vertrauenswürdiger Partner von YouTube. Man kann sich mit etwas Zeit und Muse aber auch selbst so eine Liste zusammenstellen.

  • ... Inhalte nach dem Alter auswählen

  • ... die Nutzungsdauer begrenzen

  • ... bestimmte Videos einfach blockieren

  • ... den Wiedergabeverlauf ansehen https://www.youtube.com/kids/parent-resources/


Ja, der Dienst YouTube Kids, der speziell für die jüngere Zielgruppe entwickelt wurde, hat strenge Filter und Algorithmen, perfekt sind diese aber nicht. Und so kommt es, dass selbst in dem scheinbar geschützten Raum von YouTube Kids Videos mit verstörenden Inhalten landen KÖNNEN.


Ich selbst habe allerdings keine gefunden, das möchte ich dazusagen. Aber man findet Berichte, gerade aus Zeiten vom Elsa-Gate, in denen steht, dass auch auf YouTube Kids solche Videos kursierten.

Long story short: Man kann und darf sich nicht auf die Jugendschutz-Filter verlassen.


Und so Tipps wie die Autoplay-Funktion auszuschalten kann ich Euch jetzt geben, aber das ist ein sehr schwacher Tipp. Die Autoplay-Funktion auszuschalten bedeutet nämlich einfach nur, dass nicht nach einem Video das nächste automatisch weitergeht. Aber diesen Haken kann man mit einem Finger-Wisch wieder aktivieren und selbst wenn das nächste Video nicht automatisch angeht, kann das Kind ja immer noch händisch das nächste anklicken.


YouTube Kids selbst sagt auf ihrer Homepage:

„Wir arbeiten ständig daran, das Videoangebot auf YouTube Kids familienfreundlich zu gestalten, unsere Sicherheitsmaßnahmen weiter zu verbessern und noch mehr Funktionen anzubieten, mit denen Eltern die App individuell für ihre Kinder anpassen können. Um unangemessene Inhalte herauszufiltern, verwenden wir automatisierte Filter, die wir speziell zu diesem Zweck entwickelt haben. Außerdem setzen wir auf manuelle Überprüfungen und das Feedback von Eltern, um unsere Community zu schützen. Es werden aber nicht alle Videos manuell überprüft. Wenn du unangemessene Inhalte entdeckst, die uns nicht aufgefallen sind, kannst du sie für eine schnelle Überprüfung melden. Dadurch wird die App für alle noch besser.“


Weiter sagen sie: „Wir arbeiten intensiv daran, Inhalte auszuschließen, die nicht für Kinder geeignet sind, doch ist eine manuelle Überprüfung aller Videos leider nicht möglich und kein automatisiertes Filtersystem perfekt.“


Was nun?

Wenn das Kind noch zu jung für YouTube ist, tun es auch Serien und Filme auf DVD oder andere Anbieter, wie beispielsweise:


  • Netflix. Wenn man dort einen Account hat, hat man automatisch auch einen Kids-Bereich, in dem entsprechende Inhalte angezeigt werden.

  • Kividoo. Ein deutschsprachiges Videoportal speziell für Kinder. Hier können Eltern für mehrere Kinder unterschiedliche Einstellungen vornehmen, wie beispielsweise eine Black- und Whitelist, Zeiteinstellungen oder Altersempfehlungen. 7,99€ im Monat oder 80€ im Jahr. Auch kann man Inhalte offline herunterladen, was praktisch ist für lange Autofahrten o.Ä.

  • Amazon Prime Video. Hier kann man natürlich einzelne Filme oder Serien ausleihen oder eben auch ein Monatsabo abschließen. Außerdem kann man für verschiedene Geräte Altersbeschränkungen eingeben, die man mit einer PIN schützen lassen kann. Wenn also beispielsweise das Kind manchmal was am Tablet anschaut, dann kann man das Gerät mit der Altersbeschränkung sichern und so werden dem Kind nur Inhalte angezeigt, die darunterfallen. Inhalte kann man auch hier offline herunterladen.

  • Disney+. Achtung, wird es erst ab März 2020 in Deutschland geben, ist dann aber ein ganz normaler Streaming-Dienst (also kostenpflichtig) mit Disney-Filmen und -Serien.

Wer verstehen will, wie groß das Problem tatsächlich ist, dem empfehle ich diesen interessanten TED Talk zum Thema. Spannend vor allem ab Minute 07:25. Dort sieht man auch ein paar Beispiel-Sequenzen. Man kann ihn übrigens auch mit deutschen Untertiteln schauen: https://www.youtube.com/watch?v=v9EKV2nSU8w



Beitragsbild von StockSnap von Pixabay.com

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