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8 Fragen an Till von “CoderDojo Freiburg”

Mein Interview-Partner ist Till Hahndorf, der in Freiburg eine kostenlosen Programmierclub für Kinder und Jugendliche gegründet hat: CoderDojo Freiburg. Eigentlich ist Till Geschäftsführer der Software-Agentur Sourceconomy, die Entwicklungsaufträge für mittelständische Kunden übernimmt. Er durfte als Junge selber in einem Computerkurs die ersten Bits und Bytes einfangen - die Begeisterung für die digitale Technik hat ihn nie mehr losgelassen. Till ist Vater von zwei Töchtern und der festen Überzeugung, dass grundlegendes IT-Knowhow eine Schlüsselqualifikation fürs Leben ist.


1. Till, erklär den Leserinnen und Lesern doch bitte in ein paar Sätzen, was Dein Projekt “CoderDojo” ist.


Hi Michelle, danke für die Einladung in Deinen Blog!

Ein Dojo ist eigentlich ein Trainingsraum für Kampfsport - beim CoderDojo geht es aber um Programmierung - also: Ein Trainingsraum für eigene Programmierideen. Wenn man neugierig ist, wie ein PC oder Handy “hinter den Kulissen” funktioniert, kann man “Ninja” im CoderDojo werden und so erste Schritte in der Programmierung machen. Ein Dojo findet circa einmal im Monat statt. Ein CoderDojo ist aber kein klassischer Computerkurs, sondern eher eine Gelegenheit, um sich eigene Projekte auszudenken. Wir haben Projektideen, Laptops und Wlan, und es ist immer jemand da, die/den man fragen kann, wenn es mal hakt. Außerdem haben wir eine ganze Menge an Einstiegsaufgaben, um die ersten Schritte zu erleichtern!


2. Was macht den Kindern in dem Workshop am meisten Spaß?


Tatsächlich macht es den Kids am meisten Spaß, sich durch die Beispielaufgaben zu beissen, Probleme zu lösen, sich gegenseitig zu helfen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmern tauschen sich ziemlich viel untereinander aus - wie hast du das gemacht, wie kann man einen Ton abspielen, was passiert, wenn ich diese beiden Zeilen austausche? Am Ende jeder Session präsentieren die meisten gerne kurz dem ganzen Dojo, was sie entwickelt haben - das gibt immer Applaus und macht natürlich Spaß

3. Wann hast Du dich für Technik begeistert? Gab es da ein bestimmtes Ereignis?


Ich hatte das enorme Glück, als Bub in den 80er Jahren einen Computerkurs im Freiburger Haus der Jugend besuchen zu dürfen. Meine Mutter hat damals den Kursleiter so lange beackert, bis dieser uns den C64 über die Ferien mit nach Hause gegeben hat. Neben den Spielen (episch: Boulder Dash!) war es damals vor allem die Programmierung in BASIC, die mich nächtelang wachgehalten hat :-)



4. Du hast zwei Töchter, sind sie auch so Technik-begeistert wie Du?


Meine große Tochter hat das Dojo von Beginn an als Mentorin unterstützt - die kleine Tochter ist als “Ninja” dabei, also als Teilnehmerin. Die beiden sind ziemlich neugierig auf alles Technische - in der Schule gibt es aber nur ein sehr dürftiges Angebot. Dass wir da alle schrecklich hinterherhinken, ist ja spätestens seit Corona allen klar. Jetzt nutzen beide die Chance, sich in Sachen Software und Entwicklung selber etwas “draufzuschaffen”.



5. Wie ist das Feedback von den Eltern?


Wir bekommen ganz viel freundliches Feedback und viel Lob für die Initiative. Wir spüren aber auch viel Ratlosigkeit wegen der mangelhaften Art, in der sich schulische Lehrpläne der Digitalisierung annehmen: Was kann man tun, um seine Kinder auf eine digitale Gesellschaft vorzubereiten? Wie gelingt der Spagat zwischen klassischen Bildungsthemen und einer zeitgemäßen digitalen Entwicklung? Viele Eltern erleben die Schulen ihrer Kinder als gestrig und alten Bildungsplänen verhaftet. In der Schule meiner Kinder gibt es einen “Computerraum” - das ist doch pure 90er Jahre! Stattdessen sollte es Lehrerinnen und Lehrer auf der Höhe des digitalen Wandels geben, digitales Know How und ordentliches Wlan für die Schülerinnen und Schüler. Dann könnten sich die Kids gemeinsam mit kompetenten Lehrkräften einen schlauen und souveränen Umgang mit all den digitalen Angeboten und Chancen da draussen erarbeiten. Kurzum: Bei den Eltern herrscht viel Ratlosigkeit - und viel Dankbarkeit für private Angebote wie das CoderDojo.


6. Du sagtest gegenüber der BZ, dass man noch mehr Mädchen ansprechen müsste. Wie denkst Du, kann man Mädchen dafür interessieren?


Ich glaube da sind zwei Elemente wichtig: Bei den Mädchen selbst sollten wir darauf achten, dass wir sie nicht in die falsche Richtung konditionieren - eine Einstellung wie “ich kann einfach kein Mathe” sollten wir immer ganz aufmerksam beobachten. Machen wir hier unseren Mädchen wirklich genug Mut? Unterstützen wir sie wirklich optimal? Geben wir alles daran, dass sie in der Schule einen entspannten und selbstbewussten Umgang auch mit Mathe, Physik und Co. finden, wie wir es bei unseren Söhnen tun?

Der Rest geschieht über Elternarbeit. Es sind ja meist die Eltern, die ein Angebot wie das CoderDojo oder die anderen Angebote im Technik- und PC-Bereich finden und an ihre Kinder herantragen. Da muss die Aufmerksamkeit ansetzen: Wieso sollten diese Angebote kein Thema für die eigene Tochter sein? Es gibt ja außer dem CoderDojo bspw beim Jugendhilfswerk seit geraumer Zeit eine “Computerspielschule” oder einen offene Werkstatt für PC- und/oder Programmierungsthemen: Das sind großartige Angebote auch für Mädchen - und die Aufmerksamkeit für gendergerechte Ausgestaltung ist bei diesen Trägern auch immer hoch. Den Mädels hilft es, wenn man mindestens eine Freundin mitnehmen kann - so machen es meine Töchter auch. Wenn man alleine unter lauter Jungs sitzt, ist das gerade in der Altersgruppe natürlich ein bisschen doof.


7. Und was denkst Du, woran das liegt, dass “Programmieren” oder generell IT immer von vielen als ein “Jungs-Thema” angesehen wird?


Ganz ehrlich: Ich finde das sehr schwer zu erklären. Es ist wohl vor allem bei uns in Deutschland so. In den Entwicklungsteams meiner Firma sitzen zu rund einem Drittel Entwicklerinnen - dort ist das Verhältnis also schon besser. Ganz ehrlich: Gerade in der Softwareentwicklung gibt es eine Vielzahl von flexiblen, ortsunabhängigen und gut bezahlten Jobs. Es schon erstaunlich, dass so wenige Frauen diesen Pfad einschlagen. Andererseits habe ich viele männliche Kollegen, die genau diese Elemente ihres Jobs nutzen und dadurch die Zeit als Partner und Papa mit der Familie besser nutzen können.




8. Cool. Und wie sieht die Zukunft von CoderDojo Freiburg aus?


Wir freuen uns zunächst mal darauf, “nach Corona” überhaupt wieder loslegen zu können! Ziel der ersten Monate wird es dann sein, mehr Dojo-Erfahrung zu sammeln und neben der organisatorischen “Eventveranstaltung” auch ganz viel Inhaltliches zu lernen. Wie stellen wir gute, d.h. interessante und Spaß-bringende Programmieraufgaben zusammen? Wo liegt das Interesse der Ninjas? Wie begeistern wir die Mädels und Jungs am ehesten für die spannende Welt der IT?

Im nächsten Schritt wollen wir “raus”, d.h. wir wollen mobil werden und aktiv zu den Ninjas gehen, die nicht zu uns kommen - in die Stadtteiltreffs und Jugendzentren in Freiburg. Sei es, um dort ein ähnliches Programm mit anzuschieben, oder um für die dortige Jugendarbeit ein Angebot zu machen - das muss man gemeinsam mit den Macherinnen und Machern vor Ort herausfinden. Es haben eben nicht alle Kinder einen leichten Zugang zu einem Laptop oder einen interessierten Background daheim - die wollen wir aber ebenso erreichen wie die “bildungsnahen” Kids, die als erste das CoderDojo entdeckt haben.

Mein Fernziel wäre es, Programmierclubs als Angebot der Nachmittagsbetreuung an den Grundschulen oder in den frühen Klassen der weiterführenden Schulen zu etablieren. Da könnten wir wirklich viele Kids erreichen - und es wäre vielleicht eine willkommenes Zusatzangebot, Stichwort Schlüsselqualifikationen fürs Leben ;-)



Till, vielen Dank für Deine Zeit und Deinen spannenden Input.

Wer mehr über Till und das Freiburger CoderDojo erfahren möchte, der kann sich gerne auf der Homepage des CoderDojo Freiburg umsehen, die ich sehr empfehlen kann!


Ich war letztens bei Till zu Gast, in seinem erfrischend kurzweiligen Format #keinWebinar:



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